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Warum eine Website zur Mechanik, mechanischen Instrumenten und Drehorgeln?

Es wird mehr als das werden, it´s a work in progress.

Zur Geschichte der mechanischen Musik, insbesondere der Drehorgel lässt sich nicht nur im Netz viel Kluges lesen, am Ende meines kleinen Überblicks gibt´s dann auch die Links zu den "Big Pictures" - nein, ich gebe keine Verhaltenstipps oder Ratschläge zum Kauf von Orgeln, das überlasse ich getrost anderen. Wenn Sie Fragen haben, bin ich aber gerne bereit, diese zu beantworten, nutzen Sie mein Kontaktformular!


Das wohl schwierigste Kapitel versuche ich zuerst einmal zu umreißen:

Wie macht man Musik in Abwesenheit eines Musikers?
Da gehen die Anfänge wohl weit zurück. Chinesen und Inder haben wohl schon vor Jahrtausenden versucht, Zeit zu messen und hörbar zu machen, sonst hätte ja immer jemand durchgehende Nachtwache schieben müssen. Also hat man per Wasserkraft angetriebene Zeitmesser erfunden, die zu jeder Stunde durch Auslösung eines Steins, der auf eine Blechplatte aufschlägt, ein Signal gibt.
Das führt zu weit? Nein, es geht munter in diese Richtung weiter. Das Stichwort heißt "Digitalisierung". Nehmen wir z.B. weiterhin durch Wasserkraft angetriebene Stampfmühlen: Solange der Zapfen den Hammer hebt, herrscht Zustand 1. Läßt der Zapfen aus, herrscht Zustand 0. Eine solche Mühle funktioniert streng digital, sie funktioniert mit zwei Zuständen.
Was liegt näher, als diese Technik so zu verfeinern, das z.B. Uhren Schlagwerke erhalten, die über Zapfen oder verfeinerte Mechanismen in der Lage sind, Stundenschläge zu liefern?
Dann ist es auch kein weiter Weg mehr, Stiftwalzen herzustellen, die auf einer Ebene zeitgleich mehrere Aktionen ausführen können, wir sind zurück bei der Stampfmühle: Ein Stampf ist viel zuwenig, also treibt man mehrere über eine solche Walze an.

Stiftwalzen sind drehbare Zylinder, auf der einzelne Stifte angebracht sind, die von Hebeln abgetastet werden, mit denen z.B. Glocken angeschlagen werden ("Glockenspiel"). In Europa sind solche Glockenspiele wie in der ersten Uhr des Straßburger Münsters von 1354, also seit dem 14. Jahrhundert bekannt.


http://www.universitaetssammlungen.de/modell/684

Lochplatten sind ein Medium, das diese Form der digitalen Aufzeichnung von der Rolle auf eine runde Platte beliebigen Durchmessers überträgt und damit längere Abspieldauer ermöglicht. Sicherlich mit höherem Aufwand, aber auch schon seit der Erfindung der Orgel möglich, sind Lochbandrollensteuerungen, die genauso digital funktionieren: Loch = Ton, kein Loch = kein Ton. Da ist es letztlich nur konsequent, sich früher oder später der Elektronik zu bedienen, um Orgeln zu bedienen, also die mechanischen Komponenten einer Orgel durch elektronische Ansteuerung zu ersetzen - das ist zwar nicht meine Technik, liegt aber in der Natur der Sache - it´s digital. Schauen wir einmal an, wie sich diese Techniken im Laufe der Jahre entwickelt haben.

Bild vom Modell: http://www.universitaetssammlungen.de/modell/684


Aber zurück zur Ausgangsfrage: Klar, man schafft einen Tonträger, den man selbst bedienen kann, ohne auch nur die geringsten Kenntnisse eines Musikinstruments zu besitzen.
Das braucht zuerst einmal einen bis dato unbekannten Beruf: Jemand muss den Tonträger schaffen, also brauchen wir einen "Arrangeur", der die notierte Musik, anders als der Musiker aus Fleisch und Blut, der vom Notenblatt spielt (also Kenntnisse der Umsetzung der Noten auf sein Instrument hat), mit wesentlicher Detailkenntnis des Instruments, für das er arrangiert (man überlege: Das kann eine kleine, 20stimmige Orgel oder ein 80stimmiges Klavier sein), für den Nichtmusiker auf dem Tonträger spielbar macht. Dann muss der Nichtmusiker, der das Arrangement spielen soll, technisch zumindest in der Lage sein, den Tonträger ein-/aufzulegen, den Mechanismus zu betätigen und den Tonträger zu wechseln.

Dann braucht es Tonträger, wie schon erwähnt z.B. Walze oder Rolle, um das Arrangement festzuhalten. Im nächsten Schritt bedarf es einer Möglichkeit, diese Tonträger wirtschaftlich zu vervielfältigen.

Bild aus: http://twhk.de/drehorgeln/allgemeines.htm

Stiftwalze

Alles in Allem ist also auch "mechanische Musik" kein Youtube und kein CD-Player, sondern erfordert ein paar Kenntnisse mehr. Freut mich trotzdem, wenn Sie Ihren CD-Player fehlerfrei bedienen können!

Zum ganzen oben umrissenen Thema habe ich zwei Begriffe: "Unmittelbare" Musik ist eine Darbietung, die Kenntnisse eines Instruments, deren Intonation usw. erfordert, "mittelbare" Musik ist das Arrangement, das von einem Nichtmusiker von einem Medium dargeboten werden kann - das erstere ist hochanspruchsvoll, das zweitere bedarf aber auch bestimmter Kenntnisse, die ggf. von den rein musikalischen Kenntnissen abweichen. Kein Konzertpianist würde nach jedem Stück seinen Flügel auseinandernehmen, er ist dennoch der unmittelbare Künstler, weil er "das Stück beherrscht". Der Nichtmusiker bedarf dennoch vieler Fähigkeiten, um seine Darbietung annehmbar zu gestalten.