Mignon 22 Tonstufen
Noch eine Drehorgel mit Zungen: Bruno Geißler hatte 1906, nach anderen Quellen bereits 1904 die Fabrikation der Mignon-Drehorgeln, die vordem von W. Helbig & co. in Berlin betrieben worden war, in Leipzig wieder aufgenommen. Diese "Organetten" mit bis zu 40 Tönen funktionierten per Kurbel mit Notenrolle oder einem endlosen, umlaufenden Lochband. Leider war dem Unternehmen von Geißler nur eine kurze Lebensdauer beschieden. Das aus Berlin bekannte Produkt fertigte er in Leipzig zwischen 1906 und 1909, also zu einer Zeit, als solche Instrumente mit durchschlagenden Zungen schon aus der Mode gekommen waren. 1908 musste Geißler Konkurs anmelden. Nach dem Konkurs arbeitete Geißler als Buchhalter bei den „Dermatoid-Werken Paul Meißner“, einer Grammophon-Fabrik in Leipzig, und war nebenbei Geschäftsführer und Kassenwart bei der „Musikalischen Gesellschaft“ sowie beim Riedelschen Gesangsverein.
Meine Mignon mit 22 Tonstufen und Lochbandsteuerung hat einen hölzernen Kasten mit Deckel. Im unteren Teil befinden sich 2 Blasebälge aus Gummituch, also ein Doppelschöpfer, mit Rückschlagklappe. Darüber ist auf einer hölzernen Platte der Spielmechanismus angebracht. Bei der 22er befinden sich an jeder Breitseite 11 schwingende Zungen über einer Windkammer. Nachdem sich die komplette Steuerung innerhalb der Windkammer befindet, ist eine Justierung der Orgel heutzutage ein echtes Geduldsspiel, wenn man keine Vorrichtung bauen möchte, die man statt der Windkammer nutzt. Die Seitenwände des Gehäuses haben jeweils eine Klappe, mit der sich die Lautstärke regulieren lässt. 

Die Lochbandrolle wird in eine wippende Rückspulvorrichtung eingelegt, die Antriebsspindel hat ein Metall-Zahnrad als Antrieb, über die arretierte Wippe wird diese mit der Antriebskurbel verbunden. Beim Drehen der Kurbel werden beide Blasebälge bedient sowie die Papierrolle über den Gleitblock gezogen. Gelangt ein Loch über eine Öffnung im Gleitblock, wird Luft angesaugt (Zustromverfahren). Eine zweite, kleinere Kurbel dient nach Ausheben der Wippe zum Rückspulen der Rolle. Die Orgel spielt für 22 Noten ordentlich. Leider ist die Datierung der Orgel recht schwierig, weil das Modell No. 55N (1895) und das Modell No. IA (1904) identische Gehäusemaße (42x31x33 cm) aufweisen, ich gehe davon aus, dass sie bereits in Leipzig gefertigt wurde. Zur Firma Helbig liegen mir keinerlei Informationen vor.

Unterseite mit Steuerung der Zungen
Wippe und Tonzungen